Schlossbühne

 

Ein Theater in der zweiten Etage? Eine Bühne im Turmrund? Das Schlosstheater Celle ist in mehrerlei Hinsicht eine Besonderheit. Es wurde nachträglich in die bestehende Vierflügel-Anlage eingebaut und zählt zu den ältesten noch dauerhaft bespielten Barocktheatern Europas. Und es gehört – zusammen mit der Schlosskapelle und dem Laves-Treppenhaus – zu den einzigen drei Bauteilen des Celler Welfenschlosses, die noch im ursprünglichen Sinne ihrer Erbauung erhalten sind und genutzt werden.

Drei Spielstätten im Schloss (Schlossbühne in der zweiten Etage und die zwei Studiobühnen Malersaal und Turmbühne), die Sommerbühne im Schlossinnenhof sowie die HALLE 19 auf dem Gelände der CD-Kaserne bieten pro Spielzeit über 20 Neuinszenierungen der Gegenwartsdramatik, von Klassikern, musikalischer Werke, von Film- und Romanbearbeitungen, Stückentwicklungen sowie Produktionen im Kinder- und Jugendtheater. Gut 120 Beschäftigte, davon 17 festangestellte Schauspieler*innen, bringen über 600 Veranstaltungen jährlich auf die Bühnen und erreichen knapp 90.000 Besucher*innen. Das Profil des Schlosstheaters wird durch eine Kammermusikkonzertreihe sowie ein umfangreiches Rahmenprogramm abgerundet.

Das Schlosstheater Celle ist ein im Zuge der Erneuerung und Barockisierung des Celler Schlosses entstandenes Hoftheater. Es wurde in den Jahren 1670 bis 1674/75 auf Anregung des Opernliebhabers Georg Wilhelm, Fürst von Lüneburg aus dem Haus Braunschweig und Lüneburg, und seiner kunstsinnigen Gattin Eléonore d‘Olbreuse gegründet. Auf der „Komödienbühne“ fanden, dem Zeitgeschmack entsprechend und in Anlehnung an die französische Hofkultur, überwiegend Aufführungen französischer Komödien statt. 1690 verpflichtete Georg Wilhelm, der auf Reisen die ‚commedia del arte‘ kennengelernt hatte, eine italienische Schauspieltruppe – damals ein Novum. Nach der Verlegung der Residenz nach Hannover 1705 lag das Theater für einige Jahrzehnte mehr oder weniger brach. Im 18. Jahrhundert brachte Caroline Mathilde, die 1772 ins Celler Exil verbannt wurde, höfischen Glanz ins Schloss. Unter anderem wurde damals das Theater umgebaut, der Grundriss Glockenförmig angelegt, ein Orchestergraben sowie die große Mittelloge (heute „Fürstenloge“) eingebaut. Auf den Zustand der 1770er Jahre geht der heutige Zustand des Theaters nach fachlicher Restaurierung und Rekonstruktion 2012 zurück.

Ab 1816, als Celle nach Hannover zweite Residenzstadt des Königreiches Hannover geworden war, kamen regelmäßig Dramen und musikalische Werke durch das königliche Schlosstheater Hannover zur Aufführung, ergänzt durch Gastspiele aus Bremen und Braunschweig. In den späten 1880er Jahren wurde der Spielbetrieb eingestellt und das Theater verfiel zunehmend. Im Ersten Weltkrieg wurde es zeitweise sogar als Lazarett und Kriegsgefangenenlager genutzt.

1935 wurde es umfassend, jedoch völlig ahistorisch renoviert und wiederbelebt. Aus dieser Zeit stammt unter anderem das „Rote Treppenhaus“ durch das das Publikum bis heute zum Theatersaal geht. Fast während der gesamten Kriegszeit wurde das Theater bespielt, federführend organisiert von der „NS-Kulturgemeinde“ und „Kraft durch Freude“. Noch am 09. März war „Staatsschauspieler“ Will Quadflieg als Rezitator zu Gast. Eine umfassende Aufarbeitung der NS-Geschichte des Theaters steht noch aus.

Bereits unmittelbar nach Kriegsende fanden im Schlosstheater Konzerte und gelegentliche Gastspiele von Ensembles, deren Schauspielhäuser ausgebombt worden waren, statt. Nachdem die Stadt Celle 1948 das alleinige Nutzungsrecht für das unzerstörte Theater erhalten hatte, gründete sich am 2. und 9. Dezember 1949 der Verein „Celler Schlosstheater e.V.“, der bis heute Träger des Spielbetriebes ist. Ihm gehören auch Stadt und Landkreis Celle sowie die niedersächsische Landesregierung an. Diese Rechtsform eines Theaters solcher Größe gilt in der deutschen Theaterlandschaft als einmalig.

Seit Ende der 1940er Jahre wird das Schlosstheater dauerhaft bespielt und unterhält ein festes Ensemble.

Fakten Schlosstheater

5 Bühnen: Schlossbühne, 2 Studiobühnen im Schloss (Malersaal und Turmbühne), Sommerbühne im Schlossinnenhof, HALLE 19 (in der ehemaligen Panzerhalle auf dem Gelände der CD Kaserne)

2 Probebühnen in HALLE 19

120 Mitarbeiter*innen

23-25 neue Produktionen / Spielzeit

Festes Ensemble: 17 und Gäste

Über 600 Vorstellungen an 320 Tagen

3 Theaterspielclubs  -Kids-Club, Jugendclub, Theater-Club (alle Generationen) -, die ihre Produktionen an drei Abenden im Juni zur Aufführung bringen

Theatersaal erbaut um 1673-75, Umgebaut 17xx unter Caroline Mathilde, umfassende Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten sowie Einbau modernster Belüftungs- und Bühnentechnik 2010-2012

 

Innenraum

Der Zuschauerraum bietet im Parkett und in den zwei Rängen, von denen der zweite im 18. Jahrhundert nachträglich hinzugefügt wurde, insgesamt 330 Sitzplätze (davon 298 Sichtplätze). Mit Ende der Spielzeit 2009/2010 zog das Theater in ein Übergangsdomizil in der „Residenzhalle“ auf dem Gelände der ehemaligen Cambridge-Dragoner-Kaserne um, da das Theater und ein Schlossflügel umgebaut wurden. Neben dringend nötigen baulichen Maßnahmen sollte der Innenraum originaler an das Barock angelehnt werden und verändernde Elemente aus der Sanierung der Jahre 1935-1939 wurden rückgebaut.

Seit der Eröffnungspremiere am 12. Oktober 2012 wird wieder an historischer Stätte im Celler Schloss gespielt. Nach der Erneuerung ist eine zweite Studiobühne hinzugekommen, die "Turmbühne", die am 13. Oktober 2012 mit der Uraufführung von "Viel Rauch und ein kleines Häufchen Asche" von Ralf-Günter Krolkiewicz eingeweiht wurde. Heute gehören zum Schlosstheater Celle zwei Studiobühnen im Schloss (Malersaal und Turmbühne mit 40 bzw. 56 Plätzen) sowie die HALLE 19 auf dem Gelände der CD-Kaserne an der Hannoverschen Heerstraße (in der Umbauphase als "Residenzhalle" bekannt). Im Sommer findet im Innenhof des Schlosses das Freiluft-Sommertheater statt. Mit Beginn der Intendanz von Andreas Döring wurde der Spielbetrieb von en Suite auf Repertoire umgestellt und das Programm im Bereich Kinder- und Jugendtheater deutlich erweitert.

 

Intendanz

1956–1972 Hannes Razum
1972–1993 Eberhard Johow
1993–1998 Serge Roon
1998–2008 Karin H. Veit
2009–2014 Bettina Wilts

Seit der Spielzeit 2014/15 ist Andreas Döring Intendant des Schlosstheaters.

 

Technische Daten

Ca. 100 Scheinwerfer 20 Züge, 3 x 18 stationäre Dimmer mit 96 Kanälen zur Komposition von Lichtstimmungen

Fassungsraum: 298 Sitzplätze, 2 Rollstuhlplätze

plus 32 Hörplätze (mit Sichteinschränkung)

Parkett und 2 Ränge

Bühnenraumbreite: 10,25m, max. 7m im hinteren Bereich, Tiefe: 8,5 m von Bühnenkante, 6,7m vom Portal

Höhe bis zum Rollenboden: 8 m

Höhe bis zur ersten Arbeitsgalerie: 3,77 m

Portalbreite: 12 m

Portalhöhe max.: 3,7 m, Schmuckportal 4,35m

Keine klassische Seitenbühne

 

Besonderheiten

Ein fest eingebauter Scherenhub, einer von weltweit zwei dieser Art, transportiert Kulissenteile und Requisiten aus dem Betriebshof zum Fensterportal auf der Schlossrückseite bis zur „Seitenbühne“.